Teilnehmende Beobachtung – Alles auf einem Blick

29.03.23 Beobachtung Lesedauer: 6min

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Teilnehmende-Beobachtung-Definition

Die Teilnehmende Beobachtung gehört zur Methodik der qualitativen Sozialforschung. Sie bezeichnet alle Formen der Datenerhebung, bei denen die forschende Person einflussnehmender Teil des Versuchsaufbaus ist. Wir zeigen dir in diesem Artikel, was du bei teilnehmenden Beobachtungen beachten musst, wie diese Beobachtung ungefähr abläuft und welche Vorteile sie dir bringt.

Teilnehmende Beobachtung „einfach erklärt“

Bei der Teilnehmenden Beobachtung trifft der Forscher die Probanden persönlich an und interagiert direkt mit ihnen. Er befindet sich somit unmittelbar im Geschehen.

Definition: Teilnehmende Beobachtung

Die Teilnehmende Beobachtung ist eine Gattungsbezeichnung verschiedener Methoden, die in der empirischen und qualitativen Sozialforschung zum Einsatz kommen. Unter den Begriff fallen alle Beobachtungsformen, die es erlauben, dass der Forscher in die beobachtete Gruppe involviert ist. Die Teilnahme an der beobachteten Gruppe kann mehr oder weniger stark ausgeprägt sein. Oftmals handelt es sich bei teilnehmenden Beobachtungen um Feldforschung.

Das bedeutet, dass der Forscher die Probanden in ihrem natürlichen Lebensumfeld antrifft und dort mit ihnen interagiert. Aus dieser Begegnung heraus zieht er dann das Fundament seiner Analyse. Der Vorteil dieser Methode besteht in der Unmittelbarkeit der erhobenen Daten. Der direkte Bezug zum Beobachtungsgegenstand ermöglicht umfangreiche Berichte über komplexe Lebenswelten und Verhaltensweisen. Daher findet die Teilnehmende Beobachtung besonders in der Ethnografie Verwendung.

Grundsätzlich wird zwischen offenen und verdeckten Beobachtungen unterschieden:

Bei einer offenen Beobachtung ist den Probanden bewusst, dass sie beobachtet werden und gegebenenfalls, wer die beobachtende Person in ihren Reihen ist.

Eine verdeckte Beobachtung verschleiert, dass die Probanden beobachtet werden, um möglichst unverfälschte Ergebnisse zu erzielen.

Ferner kann die Beobachtung strukturiert, auf einen bestimmten Aspekt fokussiert oder unstrukturiert/explorativ, nach interessanten Aspekten Ausschau haltend, sein.1

Beispiel für teilnehmende Beobachtungen:

Ein prominentes Beispiel ist die langjährige Arbeit der Verhaltensforscherin Dian Fossey, die unter ruandischen Berggorillas lebte, um deren Verhalten zu erforschen. Da sie Fossey in ihrem Lebensumfeld akzeptierten, konnte sie detaillierte Berichte zur natürlichen Lebensweise der Primaten verfassen.

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Wie läuft die Teilnehmende Beobachtung ab?

Es gibt keinen standardisierten Ablaufplan für die Teilnehmende Beobachtung. Daher musst du gründlich erläutern, wie du dein Projekt aufbauen und die gewünschten Daten erheben möchtest.
Die folgende Abbildung und nächsten Abschnitte zeigen eine grobe Struktur, an der du dich orientieren kannst.

Teilnehmende-Beobachtung-Ablauf

1. Bereite dich auf die Teilnehmende Beobachtung vor

Bevor du eine Teilnehmende Beobachtung durchführst, musst du deine Forschungsfrage festhalten und bestimmen, auf welche Aspekte du dich konzentrieren möchtest. Je unspezifischer du diese Aspekte formulierst, desto explorativer ist dein Projekt. Das bedeutet, dass es sich nicht darauf ausrichtet, eine bestimmte Frage zu beantworten, sondern nach Auffälligkeiten Ausschau zu halten. Für die meisten Projekte ist es hingegen wichtig, einem dezidierten Forschungsziel nachzugehen.

Nachdem du dich auf ein Forschungsvorhaben festgelegt hast, musst du bestimmen, wann und wo du die Teilnehmende Beobachtung durchführen möchtest.

Auch die Protokollierung der Beobachtung muss zu einem im Vorfeld festgelegten Zeitpunkt erfolgen. Du kannst das Protokoll entweder während der Beobachtung oder im Nachgang anfertigen. Bei längeren Beobachtungen empfiehlt es sich, den Vorgang in mehrere Etappen zu unterteilen.

Des Weiteren solltest du bestimmen, in welcher Form du das Protokoll festhältst und die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Ein vorgefertigtes Beobachtungsprotokoll hilft dir, dich auf die wichtigsten Teilaspekte deiner Forschungsfrage zu konzentrieren. Je nach Forschungsumgebung empfiehlt sich ein handschriftliches Beobachtungsprotokoll oder ein Textbearbeitungsprogramm.
Darüber hinaus kannst du deine Beobachtungen mit Filmaufnahmen anreichern oder Gedanken auf einem Diktiergerät festhalten.2

Vorbereitung kurz zusammengefasst:

  1. Forschungsfrage definieren
  2. Ort und Zeitpunkt der Beobachtung bestimmen
  3. Protokollierung zu einem im Vorfeld festgelegten Zeitpunkt durchführen
  4. Form des Protokolls entscheiden

2. Führe die Teilnehmende Beobachtung durch

Die Teilnehmende Beobachtung muss in einem abgesteckten Rahmen erfolgen. In den meisten Fällen benötigst du Genehmigungen und/oder Einverständniserklärungen von Probanden oder verantwortlichen Personen. Das gilt besonders für Bild- und Tonaufnahmen. Bei der Durchführung deiner Beobachtung ist es unerlässlich, diesen Rahmen einzuhalten. Du darfst keine Bereiche beleuchten, die dir nicht im Vorfeld zugesichert wurden.

Ferner misst sich die Qualität deiner Beobachtung daran, wie umfangreich du auf das Geschehen einwirkst. Im besten Fall gewinnst du unmittelbare Eindrücke, ohne das Verhalten der Probanden respektive den Beobachtungsgegenstand durch dein Zutun zu verfälschen.

Falls es möglich ist und die Forschungsumgebung dadurch nicht überfrachtet wird, kann der Einsatz mehrerer Beobachter das Forschungsprojekt in seiner Aussagekraft bestärken. Mehrere Perspektiven erlauben detailliertere Daten und setzen Beobachtungen in Beziehung zueinander. Auch die Kombination von verdeckten und offenen Beobachtern kann einer differenzierten Auswertung dienlich sein.

3. Trage die Ergebnisse deiner Beobachtung zusammen

Alle erhobenen Protokolldaten müssen vollständig beschriftet sein.

Die Daten müssen über folgendes Aufschluss geben:

  • Wann die Beobachtung stattfand
  • Durch welche Person sie festgehalten wurde
  • Wer in die Situation involviert war
  • Wo sie sich zugetragen hat

Ein Beobachtungsprotokoll hält diese Informationen in einheitlicher Form fest.
Die Beobachtung selbst kann entweder in Prosaform, Stichpunkten oder durch das Ankreuzen von vorformulierten Kriterien festgehalten werden.

Die Prosaform ermöglicht detaillierte Berichte, die das Geschehen nachvollziehbar wiedergeben, während feste Kriterien einen höheren Grad an Objektivität bieten, der jedoch zum Verlust wichtiger Nuancen führen kann.

Daten, die nicht in schriftlicher Form erhoben wurden, müssen zunächst transkribiert werden. Die Transkripte, auf die du dich in deiner wissenschaftlichen Argumentation beziehst, erscheinen im Anhang deiner Arbeit.

4. Werte die Teilnehmende Beobachtung aus

Die Auswertung der Transkripte bildet den Kern deiner wissenschaftlichen Argumentation. Dafür gibt es verschiedene Analysemethoden.

Zwei besonders einflussreiche Herangehensweisen sind die qualitative Inhaltsanalyse sowie die sogenannte Grounded Theory:

Bei einer qualitativen Inhaltsanalyse teilst du dein Transkript in Beobachtungsfragmente ein. Anschließend werden diese kodiert und kategorisiert.

Die Grounded Theory hingegen nimmt keine externen Kategorisierungen vor. Stattdessen vergleicht sie die Beobachtungen miteinander und gegebenenfalls mit den Beobachtungen anderer Forscher, um Ähnlichkeiten, sich wiederholende Muster und Strukturen zu erkennen und festzuhalten.

Beispiel für eine qualitative Inhaltsanalyse:

Wenn du überprüfen möchtest, welche Rolle Farben im Alltag einer bestimmten Gruppe spielen, kannst du auf diese Weise festhalten, wie häufig und in welcher Form Farben oder farbenbezogene Themen Teil von Gesprächen und/oder Aktivitäten sind.

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Vor- und Nachteile der Teilnehmenden Beobachtung

Vorteile Nachteile
unmittelbarer Bezug zum Geschehen, detaillierte und authentische Daten etwaige Einflussnahme der forschenden Person auf Ergebnisse
für Feldstudien geeignet, um natürliche Abläufe zu beobachten Berichte sind auf sehr begrenzte subjektive Perspektiven beschränkt
flexibel an verschiedene Forschungsfragen anpassbar nicht repräsentativ

Häufig gestellte Fragen

Die teilnehmende Beobachtung ist ein Versuchsaufbau, bei dem die forschende Person sich unmittelbar unter den Probanden befindet und gegebenenfalls auf diese einwirken darf. Sie erlebt die gleiche Situation und hat dadurch einen engeren Bezug zum Geschehen.

Die Teilnehmende Beobachtung erlaubt die Erhebung von Daten mit hohem Detailgrad und – je nach Gegenstandsbereich – einen unmittelbaren Zugang zu den Probanden, ihrem Verhalten, ihren Entscheidungen und Emotionen.

Teilnehmende Beobachtungen erzeugen Beobachtungsberichte, die auf subjektive Eindrücke basieren. Sie erlauben keine repräsentativen Aussagen. Darüber hinaus könnte der teilnehmende Forscher die Probanden dahingehend beeinflussen, dass die Authentizität der Daten verfälscht wird.

Auch wenn die erhobenen Daten einen hohen Grad an Subjektivität aufweisen, ist die Teilnehmende Beobachtung eine probate, wissenschaftliche Methode. Wichtig ist jedoch, sowohl die Stärken als auch die Schwächen klar zu benennen und den Gegenstandsbereich des Forschungsprojekts passend einzugrenzen. Zum Beispiel erlauben einzelne subjektive Beobachtungen keine Aussagen über die Gesamtbevölkerung.

Die Teilnehmende Beobachtung unterteilt sich in vier Etappen. Sie beginnt mit einer Vorbereitungsphase, in der Probanden und Fragestellungen definiert werden sowie ein Ablaufplan erstellt wird. Anschließend erfolgt die Durchführung der Beobachtung. Nach der Beobachtung werden die erhobenen Daten zusammengefasst und reflektiert. Schließlich werden die Daten mithilfe einer bestimmten Methodik ausgewertet.

Quellen

1 Scholz, Gerold: Teilnehmende Beobachtung, in: Universität Koblenz-Lindau, o.D., [online] https://www.uni-koblenz-landau.de/de/koblenz/fb1/gpko/alt_backup/alt/person/dateien-west/dateien-west-archiv/teilnehmende-beobachtung.pdf (zuletzt abgerufen am 13.12.22)

2 Dipl. oec. Klein, Michael/ Dipl. oec. Pollmann, Anne: Teilnehmende Beobachtung, in: Universität Hohenheim, SS 207, [online] https://www.uni-hohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/soziologie/Download/Download_Studium/ss2007/6_Teilnehmende-Beobachtung.pdf (zuletzt abgerufen am 13.12.22)