Willst du für deine wissenschaftliche Arbeit Materialien wie Texte, Bilder, Musik oder andere Quellen auswerten, dann gehört die qualitative Inhaltsanalyse zu den in der empirischen Forschung bewährten Methoden. Insbesondere die von Philipp Mayring entwickelte Vorgehensweise hat sich hier etabliert. Wir zeigen dir im Folgenden die wesentlichen Schritte auf, die dich in deiner Arbeit weiterbringen.
Definition: Qualitative Inhaltsanalyse
Als qualitative Inhaltsanalyse wird eine Methode bezeichnet, die zur Auswertung von Kommunikationsmaterialien in der empirischen Forschung genutzt wird. Es geht darum, manifeste Inhalte ebenso wie latente Inhalte zu ordnen und zu strukturieren. Diese Inhalte können nicht nur in publizierten Texten enthalten sein, sondern auch in Bildern oder Videos. Insbesondere die vom deutschen Psychologen Philipp Mayring entwickelte Methode hat sich etabliert. Damit kannst du gezielt Erkenntnisse gewinnen, die deine jeweilige Forschungsfrage beantworten.
Qualitative Inhaltsanalyse: Das Ziel
Das Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse liegt in der detaillierten Auswertung von unterschiedlichsten Kommunikationsmaterialien im Interesse einer bestimmten Forschung. So sollen auf der Grundlage einer überschaubaren Anzahl von Quellen neue theoretische Gedankenansätze aufgestellt werden. Um eine Forschungsfrage mit dieser Methode beantworten zu können, muss die Fragestellung so genau wie möglich formuliert werden. Daraus ergibt sich nämlich die Vorgehensweise für die qualitative Vorgehensweise.
Beispielthemen
Um dir die vielfältigen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie du deine qualitative Inhaltsanalyse sinnvoll strukturieren kannst, haben wir dir drei mögliche Beispiele zusammengestellt:
Ein Ansatz könnte lauten: Einige Themen werden stärker von den Medien aufgegriffen als andere.
Daraus ließe sich die Forschungsfrage ableiten:
Bei diesem Ansatz geht es um den Umfang, in dem zu einer bestimmten Thematik berichtet wird.
Die Forschungsfrage könnte somit wie folgt lauten:
Auch die Art und Weise, wie ein bestimmtes Medium zum Thema berichtet, kann ein Forschungsansatz sein.
Daraus ergibt sich beispielsweise die Forschungsfrage:
Quantitative vs. qualitative Inhaltsanalyse
Als Gegenstück zur qualitativen Inhaltsanalyse gibt es die quantitative Inhaltsanalyse: Diese hat zum Ziel, zahlenmäßig begrenzte und für die Antwort auf die jeweilige Forschungsfrage relevante Merkmale auf möglichst zahlreiche Fälle wie Texte oder andere Datenquellen anzuwenden.
Hier die Unterschiede im Überblick²:
Kriterium | Quantitative Inhaltsanalyse | Qualitative Inhaltsanalyse |
Perspektive | von außen, aus Sicht des Forschers | von innen, aus Sicht des Betroffenen |
Kontext | harte Daten replizierbar | weiche Daten realitätsnah |
Vorgehen | Messen/deduktiv | Sinnverstehen/induktiv |
Interesse | Lebenswelten und Interaktionen erforschen | kausale Zusammenhänge erklären, Möglichkeit der Verallgemeinerung der Stichproben auf ganze Populationen |
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
Eine allgemeine Form der qualitativen Inhaltsangabe wurde von Philipp Mayring entwickelt – und zwar so erfolgreich, dass diese von zahlreichen Universitäten und Hochschulen verwendet wird. Im Wesentlichen kannst du dich dabei auf fünf Schritte konzentrieren:
Um dir die Vorgehensweise zu verdeutlichen, erläutern wir für jeden einzelnen Punkt ein Beispiel:
1. Auswahl des Materials
Bevor du startest, solltest du dich damit befassen, welche Arten von Materialien zur Beantwortung der von dir formulierten Forschungsfrage am besten geeignet sind. Hier kommen verschiedene Möglichkeiten in Frage:
- Zeitungsartikel oder Zeitschriften
- Beiträge im Radio oder TV
- Forschungsberichte
- Lieder
2. Festlegung der Analyserichtung
Im nächsten Schritt legst du fest, in welche Richtung deine Analyse gehen soll. Zur Auswahl stehen folgende Optionen:
- die jeweilige Quelle an sich
- der Autor der Quelle
- der Objektbereich
- die relevante Zielgruppe
- der soziokulturelle Hintergrund der Quelle
3. Auswahl der Form der Analyse
Die qualitative Inhaltsanalyse eröffnet dir drei Auswahlmöglichkeiten:
Die zusammenfassende Inhaltsanalyse setzt darauf, das analysierte Material so zu reduzieren, dass ein Kurztext mit den wesentlichen Inhalten entsteht. So kannst du das gesamte Material zu einem überschaubaren Korpus umarbeiten – sofern die inhaltliche Ebene für dich relevant ist.
Die explizierende Inhaltsanalyse setzt auf das Gegenteil: Stößt du auf Textbestandteile, die unklar bleiben, ziehst du zusätzlich erklärendes Material hinzu. Du sammelst also nicht nur Explikationsmaterial systematisch, sondern kontrollierst es auch.
Für eine strukturierende Inhaltsanalyse legst du zunächst Kriterien und einen Kodierleitfaden fest, um auf Grundlage dessen das vorliegende Material einschätzen zu können.
4. Interpretation der Ergebnisse
Wie du die Ergebnisse interpretierst, hängt von der gewählten Art der Inhaltsanalyse ab. Generell erstellst du aber ein Kategorie-System, um das Material einordnen zu können. Dazu erstellst du Kategorien und definierst die Kriterien zur Zuordnung der Bestandteile deines Materials – und zwar bereits vor der Analyse.
5. Sicherstellung der Gütekriterien
Die qualitative Inhaltsanalyse muss die für die qualitative Forschung geltenden Gütekriterien erfüllen – genau damit befasst sich dieser Schritt:
Transparenz
Mach deiner Leserschaft klar, wie du vorgegangen bist: Misst du mit deiner Analyse wirklich das, was du messen solltest?
Intersubjektivität
Um eine hochwertige Forschung abzuliefern, solltest du zu starke subjektive Einflüsse ausschließen können.
Reichweite
Dieses Kriterium stellt sicher, dass deine qualitative Inhaltsanalyse reproduzierbar ist – das solltest du unbedingt belegen.
Vor- und Nachteile der qualitativen Inhaltsanalyse
Vorteile | Nachteile |
qualitative Inhaltsanalyse ist transparent, regelgeleitet und in fünf Schritte eingeteilt | qualitative Inhaltsanalyse bringt qualitativ unterschiedliche Ergebnisse hervor - ausschlaggebend sind die Inhalte, die nicht nur relevant und glaubwürdig, sondern auch repräsentativ sein sollten |
Du kannst die qualitative Inhaltsanalyse ohne kooperierende Teilnehmer erstellen | Warum-Fragen lassen sich nur schwer mit dieser Methode beantworten |
lässt sich flexibel und vielfältig einsetzen | der für eine qualitative Inhaltsanalyse unverzichtbare Kodierleitfaden lässt sich kaum vollkommen objektiv entwickeln |
Checkliste
- Ist deine Forschungsfrage klar definiert und formuliert?
- Ist dein ausgewähltes Material wirklich relevant für deine Forschungsfrage?
- Kannst du die festgelegte Analyserichtung fundiert begründen?
- Ist das von dir aufgesetzte Kategorie-System tatsächlich eindeutig?
- Hältst du mit deiner Forschung die Gütekriterien ein?
Häufig gestellte Fragen
Die qualitative Inhaltsanalyse ist eine Methode zur Auswertung unterschiedlicher Daten in der empirischen Forschung.
Es geht um eine detaillierte Auswertung von Kommunikationsmaterialien – und zwar in Bezug auf ein bestimmtes Forschungsinteresse. Auf diese Weise sollen mithilfe einer begrenzten Anzahl von Quellen neue theoretische Ansätze aufgestellt werden.
Nach Mayring wird zunächst Material ausgewählt, die Analyserichtung festgelegt, die Analyseform gewählt, um dann die Ergebnisse interpretieren zu können. Verbindlich sind die für die qualitative Forschung geltenden Gütekriterien.
Es kommen drei Formen in Frage: die zusammenfassende, die explizierende und die strukturierende Inhaltsanalyse.
Die qualitative Inhaltsanalyse eignet sich beispielsweise nicht zur Beantwortung von Warum-Fragen. Ebenso schwierig erweist sich die Entwicklung des Kodierleitfadens – in der Praxis kann dieser nicht absolut objektiv sein.
Quellen
¹ Ruhr-Universität Bochum: Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, in: RUB Methodenzentrum, o.D. [online] https://methodenzentrum.ruhr-uni-bochum.de/e-learning/qualitative-auswertungsmethoden/qualitative-inhaltsanalyse/qualitative-inhaltsanalyse-nach-mayring/ (abgerufen am 31.10.2022)
² Universität Bamberg: Workshop qualitative und quantitative Textanalyse in den Sozialwissenschaften, o.D. [online] https://www.uni-bamberg.de/fileadmin/psymethodenbf/Mayring_Workshop.pdf (abgerufen am 31.10.2022)