Komma vor „oder“ – Alle Regeln mit Beispielen erklärt

29.07.23 Häufige Fehler bei der Kommasetzung Lesedauer: 6min

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Auch im höheren akademischen Bereich kommt es immer wieder zu Fehlern bei der Kommasetzung, da die Regeln häufig nicht vollständig beherrscht werden. Dabei solltest du dich nicht an bestimmten Schlagworten orientieren, sondern musst stets den Satzbau beachten, ob ein Komma an der Stelle notwendig ist. Auch ein Komma vor „oder“ kann in manchen Situationen notwendig und in anderen überflüssig sein. Der folgende Beitrag erklärt die Regeln der Kommasatzung vor „oder“.

Komma vor „oder“ oder nicht?

Bei dem Begriff „oder“ handelt es sich um eine nebenordnende Konjunktion, wodurch die verbundenen Sätze oder Satzteile gleichgestellt sind. Die Konjunktion wird zumeist verwendet, um einen alternativen Aspekt zu dem bereits Gesagtem einzubringen.

Komma bei

Nebensätzen

Infinitivgruppen

Einschüben

Nachfragen

Kein Komma bei

Aufzählungen

Verbindung von Nebensätzen

Verbindung von Infinitivgruppen

Gleichrangigen Satzteilen

Das zeigt bereits, dass bei der Konjunktion „oder“ keine Einheitlichkeit bezüglich der Kommasetzung herrscht. Ein Komma vor „oder“ muss bei Nebensätzen, Infinitivgruppen, Einschüben und Nachfragen am Satzende gesetzt werden. Kein Komma vor „oder“ wird allerdings bei Aufzählungen, der Verbindung von Nebensätzen oder Infinitivgruppen und der Verknüpfung von gleichrangigen Satzteilen benötigt.

Kein Komma vor „oder“

In den meisten Fällen wird kein Komma vor „oder“ gesetzt, da der Begriff häufig für Aufzählungen verwendet wird, wobei kein Komma notwendig ist. Allerdings gibt es auch Fälle, bei denen ein Komma notwendig ist.

Aufzählungen

Ebenso wie bei „und“ wird auch vor „oder“ kein Komma bei Aufzählungen gesetzt. Der Begriff „oder“ wird vor dem letzten Aspekt einer Aufzählung ohne Komma davor oder dahinter platziert.

Beispiele

  • Auf der Party kannst du tanzen, singen oder einfach nur die Musik genießen.
  • Im Urlaub könnten wir wandern, schwimmen, lesen oder einfach nur am Strand entspannen.

Verbindung von Nebensätzen

Wenn du zwei gleichrangige Nebensätze verbindest, die sich auf denselben Hauptsatz beziehen, muss kein Komma vor „oder“ gesetzt werden. Allerdings muss ein Komma zur Abgrenzung der Nebensätze vom Hauptsatz gesetzt werden.

Beispiele

  • Du darfst das Auto fahren, wenn du es wieder volltankst oder wenn du es morgen wäschst.
  • Jeder kann studieren, solange er sich organisiert oder solange er die Vorlesungen besucht.

Verbindung von Infinitivgruppen

Die Verbindung zweier Infinitivgruppen unterliegt denselben Regeln wie die Kommasetzung bei der Verbindung zweier Nebensätze. Zwei Infinitivgruppen, die sich auf denselben Hauptsatz beziehen, werden mit einem Komma von diesem abgetrennt, jedoch nur mit einem „oder“ verbunden. Vor oder nach „oder“ wird dabei kein Komma gesetzt.

Beispiele

  • Ziel der durchgeführten Studie ist es, einen effizienten Prozess zu entwickeln oder vorhandene Prozesse zu optimieren.
  • Die Aufgabe der Forschung ist es, neue Möglichkeiten zu finden oder bereits bestehende Konzepte zu perfektionieren.

Gleichrangige Satzteile

Hierbei handelt es sich um die Verallgemeinerung der Regel, die den vorherigen Aspekten zugrunde liegt. Gleichrangige Satzteile können einzelne Wörter (Aufzählungen), Satzteile (Verbindung von Infinitivgruppen) oder auch ganze Sätze (Verbindung von Nebensätzen) sein, die mit „oder“ verbunden werden können.

Beispiele

  • Ich esse gerne Äpfel, Bananen oder Birnen.
  • Er kommt vorbei, sobald er fertig ist oder sobald er keine Lust mehr auf Lernen hat.

„Oder“ mit Komma

In einigen Fällen muss ein Komma vor „oder“ gesetzt werden, damit die Regeln der deutschen Grammatik befolgt werden. In diesen Fällen benötigst du ein Komma vor „oder“:

Nebensätze

Bei eingeschobenen Nebensätzen muss ein Komma vor „oder“ gesetzt werden, sofern der Nebensatz vor „oder“ eingeschoben wird und auch direkt vor „oder“ endet. Hierbei ist das Komma nicht von „oder“ abhängig, sondern wird durch die Satzkonstruktion beeinflusst.

Beispiele

  • Ich mag Präsentation, die ich frei gestalten darf, oder Hausarbeiten mit einer offenen Aufgabenstellung.
  • Ich hoffe, ich habe Herrn Schwarz, der immer so nett ist, oder Herrn Müller als Prüfer bei meiner Abschlussarbeit.

Infinitivgruppen

Für Infinitivgruppen gelten auch hier dieselben Regeln wie für eingeschobene Nebensätze. Wird eine Infinitivgruppe vor „oder“ eingeschoben und endet direkt vor „oder“, muss zum Abschluss der Infinitivgruppe ein Komma vor „oder“ gesetzt werden.

Beispiele

  • Er sucht ein Praktikum, um sich weiterentwickeln zu können, oder viel Geld dabei zu verdienen.
  • Er findet immer neue Ausreden, um die Prüfung zu verschieben, oder gibt gar keine Erklärung.

Einschübe

Nahezu identisch funktioniert auch die Kommasetzung vor „oder“ bei Einschüben. Diese geben Zusatzinformationen zum Hauptsatz und werden durch Kommas abgetrennt. Endet ein Einschub direkt vor „oder“, muss ein Komma vor „oder“ gesetzt werden.

Beispiele

  • Du kannst Einschübe, auch Appositionen genannt, oder Nebensätze für weitere Informationen verwenden.
  • Am Ende muss der Dozent, ein unfreundlicher Typ, oder der Professor eine Entscheidung darüber treffen.

Nachfragen

Du kannst mit „oder“ auch Aussagen in eine Frage umwandeln, die auf die Zustimmung einer weiteren Person abzielt. Dazu wird „oder“ am Ende eines Satzes angehängt und mit einem Komma abgetrennt.

Beispiele

  • Du kommst heute Abend zu der Party, oder?
  • Sie haben das Dokument per E-Mail gesendet, oder?

„Oder“ mit oder ohne Komma

Es gibt auch Fälle, in denen du ein Komma setzen kannst, aber nicht musst. In diesen Fällen trägt das gesetzte Komma zu besseren Lesbarkeit bei oder erfüllt stilistische Zwecke.

Verbindung von Hauptsätzen

Wenn du zwei Hauptsätze miteinander verbindest, kannst du ein Komma setzen, um die Lesbarkeit und Übersichtlichkeit bei langen Sätzen zu verbessern.

Beispiele

  • Du könntest die Chance nutzen und dich für den Marathon anmelden, hart trainieren und dich gesund ernähren, oder du könntest weiterhin deine gewöhnliche Routine beibehalten und dich in deiner Komfortzone aufhalten.
  • Wir könnten einen langen, anstrengenden Weg durch das Gebirge nehmen und die schöne Aussicht genießen, oder wir könnten den entspannteren Weg am Fluss entlang nehmen und dabei die Tierwelt beobachten.

Alternativ kannst du, primär bei kurzen Sätzen, auf das Komma verzichten und die Sätze nur mit „oder“ verbinden. Du solltest dabei auf die stilistische Gestaltung deines Textes achten.

Beispiel

  • Ich nehme den Bus oder ich gehe zu Fuß.
  • Sie liest das Buch oder sie sieht den Film an.

Verbindung von Hauptsätzen mit Nebensätzen und Infinitivgruppen

Dieser Sonderfall besteht, wenn eine Infinitivgruppe oder ein Nebensatz von zwei Hauptsätzen umschlossen wird. Dabei beginnt der Nebensatz oder die Infinitivgruppe mit „oder“. Ein Komma zuvor zu platzieren, ist freiwillig und kann anhand stilistischer Vorlieben platziert werden.

Einerseits besteht dieser Fall bei umschlossenen Nebensätzen.

Struktur

Hauptsatz + Nebensatz + Hauptsatz

Beispiel mit Komma

Ich las ein Buch, oder versuchte es zumindest, als das Telefon läutete.

Beispiel ohne Komma

Ich las ein Buch oder versuchte es zumindest, als das Telefon läutete.

Andererseits besteht dieser Fall bei umschlossenen Infinitivgruppen.

Struktur

Hauptsatz + Infinitivgruppe + Hauptsatz

Beispiel mit Komma

Ich begann das Buch zu lesen, oder zumindest zu überfliegen, bevor ich es beiseitelegte.

Beispiel ohne Komma

Ich begann das Buch zu lesen oder zumindest zu überfliegen, bevor ich es beiseitelegte.

Häufig gestellte Fragen

Du musst ein Komma vor „oder“ platzieren, wenn direkt vor „oder“ ein Nebensatz, eine Infinitivgruppe oder ein Einschub endet. Zudem muss ein Komma platziert wird, wenn es zu einer Nachfrage am Ende des Satzes kommt.

Du benötigst kein Komma, wenn du „oder“ bei Aufzählungen verwendest oder gleichrangige Sätze/Satzteile miteinander verknüpfst.

Nein, du musst in diesem Fall kein Komma setzen. Zwei Hauptsätze können mit oder ohne Komma verknüpft werden. Die Kommasetzung ist freiwillig.

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